Liebe Brückenschlag-Redaktion,
heute Abend wollte ich bloß ein bisschen im neuen Brückenschlag herumblättern – als ich das Heft beiseitelegte, waren zwei Stunden vergangen ... wie macht Ihr das bloß, dass man sich in den Brückenschlägen immer so festliest?
Das Titelbild ist flott und bunt dazu, den dazugehörigen Text habe ich auch schon gefunden, das ist wirklich eine interessante Geschichte. ... Also, wieder mal eine Freude, den neuen Brückenschlag erhalten zu haben!
Herzliche Grüße
Sibylle Prins
Vera Bierwirth in: Rundbrief des VPE Bielefeld:
Die Lektüre ist meist spannend und gewinnbringend für das Verständnis von Wahnsinn und Verrücktsein. Das Lesen des Brückenschlags hat mich angeregt, meine Geschichte nicht nur als Krankengeschichte, sondern als Lebensgeschichte zu begreifen.
Silvia Lindorfer in: Gemeindenahe Psychiatrie:
Der gelungene 25. "Brückenschlag" setzt sich besonders intensiv mit dem Erleben in der psychischen Erkrankung, dem Verstehen-wollen dieses Erlebens und der (oft mangelnden) Kommunikationsmöglichkeit über dieses Erleben auseinander.
Dr. med. Mabuse, Zeitschriftenschau:
Der Jubiläums-Brückenschlag 25 ist wie immer ausdrucksstark und liebevoll gestaltet und gibt in vielfältigen Artikeln manche überraschende Antwort.
Ursula Talke auf amazon.de (fünf Sterne):
Ein mutiges Unterfangen
Diese kaleidoskopartige Sammlung von Aufsätzen, Gedichten und Bildern – kann man einen „Normalo“-Leser damit überhaupt alleine lassen?
Ich werde das Buch mal an meine nicht-psychiatrie-betroffenen oder psychiatrisch tätigen oder als Angehörige betroffenen Freunde ausleihen und sie anschließend fragen, wie es ihnen ging …
Es ist die bunteste Mischung, die ich jemals in der Hand gehabt habe – einiges wäre professioneller Fachliteratur zuzuordnen unter der Überschrift „auf der Suche nach einer brauchbaren Sozialpsychiatrie“ – dann geht es auch um Geschichtliches, sehr beeindruckend sind die immer wieder dazwischen geschobenen Bilder, die Gedichte, die sitzen bleiben im Hirn – am mutigsten finde ich aber wirklich die zum Teil auch erschütternden Erfahrungsberichte, die, wie alles, von den Herausgebern, unkommentiert bleiben und für sich sprechen. Selber mit der Perspektive von Psychosebegabung und Psychiatrie-Erfahrung gesegnet, ist mir vieles vertraut, manches auch nur aus Erzählungen.
Und ich weiß aus eigener Erfahrung, welches Ventil es sein kann, überhaupt schreiben zu können. Wenn es auf dem Papier steht, steht es da und ist nicht mehr nur in mir.
Diese Innenberichte waren für mich also am spannendsten, und der Mut der Autoren, sich mit dem eigenen, ja doch oft „von außen“ nicht verstandenen Erleben in die Öffentlichkeit zu begeben, ist bewundernswert.
Diese Sammlung wertet nicht. Genau darin liegt ihre Qualität. Sie lässt den Leser allein, eines steht neben dem anderen, mag er sich ein Urteil bilden oder weiterfragen. Manchmal ist ja schon viel erreicht, wenn jemand ein Fragezeichen im Gesicht hat.
Und wenn Fritz Bremer zu Beginn kurz die Entstehungsgeschichte des Brückenschlages anspricht – diese 25. Ausgabe ist ja ein Jubiläumswerk – dann wird man auf die anderen neugierig und es bleibt nur zu hoffen, dass sie noch erhältlich sind …
Der Paritätische, lesen, hören, surfen:
Wieder ein Jahr, in dem ein Brückenschlag gelungen ist. Seit einem Vierteljahrhundert gibt diese ungewöhnliche Jahresschrift nicht nur Menschen mit psychischen Erkrankungen die Möglichkeit, mit Gedichten und Geschichten, Bildern und Zeichnungen auf kreative Weise über ihre Erfahrungen zu berichten, sie setzt sich zudem kritisch mit gesellschaftlichen Entwicklungen wie Arbeitslosigkeit und Gewalt auseinander und der Frage, wie mit dem Anders-Sein, dem Fremden umgegangen wird.
Der Brückenschlag setzt auf Dialog. Und so kommen neben Psychiatrieerfahrenen dort auch immer wieder Angehörige zu Wort sowie "Professionelle", die im psychiatrischen Hilfesystem arbeiten.
Auch in der aktuellen Ausgabe schildern Betroffene ihre Gedanken und ihr Erleben in der Psychose, erzählen, was hilfreich für sie war, was ihnen Angst machte oder aber, wie die Krise zum Auslöser für eine neue persönliche Entwicklung wurde.
Fünf-Sterne-Rezension auf www.amazon.de:
Nach wie vor innovativ
Auch nach 25 Jahren hat die Konzeption der Zeitschrift Brückenschlag nichts von ihrem innovativen Charakter verloren.
Abermals finden sich hier Erfahrungsberichte von Betroffenen, Artikel von "Profis", Gedichte und Kunstwerke und schaffen es, dem Leser einen Eindruck davon zu vermitteln, was Wahn ist, wie er sich anfühlt und welcher Sinn auch hinter ihm verborgen sein kann. Der Titel Wahn - Sinn - Wirklichkeit ist also ausgezeichnet getroffen.
Auch andere Themen, wie etwa zur Euthanasie und Zwangssterilisierungen an Psychiatriepatienten im 3. Reich behandeln ein Thema, das meiner Meinung nach viel zu selten in der Öffentlichkeit behandelt wird und zu dem dementsprechend die Informationslage eher gering ist.
Mir hat das Lesen dieser Ausgabe große Freude gemacht und ich kann es bedenkenlos weiterempfehlen.
Interview mit den drei Herausgebern zu 25 Jahre Brückenschlag in der "Sozialen Psychiatrie":
Ein Vorreiter der Dialog-Kultur – 25 Jahre Brückenschlag
In der Einführung zu dieser Jubiläumsausgabe erfahren wir, dass der erste Brückenschlag 1985 aus der ersten Begegnungsstätte für psychisch erkrankte Menschen in Neumünster heraus entstanden ist – wie ist es dazu gekommen?
Fritz Bremer: In die Begegnungsstätte kamen Besucher – „Betroffene“, wie wir damals sagten – mit ihren Erfahrungen aus den „Landeskrankenhäusern“ in Schleswig und Heiligenhafen. Einige berichteten über Erlebnisse in den Langzeitstationen, über Gewalterfahrungen, über die Folgen jahrelanger „Unterbringung“ und Trennung von ihren Familien. Und einigen der Langzeit-Psychiatrie-Erfahrenen habe ich damals vorgeschlagen, diese Erfahrungen aufzuschreiben.
Ein anderer Aspekt war, dass wirklich viele der „Betroffenen“ mit ihren interessanten, besonderen literarischen und künstlerischen Arbeiten in die Begegnungsstätte kamen. Das begeisterte mich, nachdem ich in den 70er Jahren fasziniert die von Leo Navratil herausgegebenen Bücher gelesen hatte und mich diese Verbindung von Kunst und Krise beschäftigte.
Wie habt Ihr es geschafft, Euch einzumischen, eine Öffentlichkeit für „fremdartige“ Erfahrung zu schaffen und ein Teil der kulturellen Szene zu werden? Was war dafür wichtig?
Fritz Bremer: Naja, interessierte Journalisten schrieben bald erste Artikel für die „Kieler Rundschau“ und andere Zeitungen. Ein Jugendkulturzentrum griff unser Angebot gerne auf, „Brückenschlag“-Lesungen zu machen. Idee und Zeitschrift sprachen sich herum. Die Leiterin der Stadtbücherei unterstützte uns und freute sich ihrerseits, wenn wir bekannte Autoren zu Lesungen nach Neumünster einluden. Und diese Autoren, zum Beispiel Wolfdietrich Schnurre, Werner Lansburgh, Theodor Weißenborn, Wolfgang Sieg, die ich in der Zeit kennenlernte, förderten die Brückenschlag-Idee wirklich enthusiastisch. Heute erscheinen „Brückenschlag“-Besprechungen in zahlreichen Fachzeitschriften und wir machen Lesungen sowohl in diversen Psychose-Seminaren, als auch zum Beispiel im Literaturhaus in Kiel.
Jürgen Blume: Entscheidend für die Entwicklung der Zeitschrift ist aus meiner Sicht das Vertrauen, das viele psychiatrieerfahrene Menschen, viele auch mit besonderen Begabungen, uns geschenkt haben. Ohne dieses Vertrauen, ohne die vertrauensvollen Zusendungen, hätte sich die Zeitschrift nie so entwickeln können.
In welcher Tradition versteht Ihr Eure Arbeit, was ist Euch wichtig und was hat sich verändert?
Fritz Bremer: In Triest – im Umfeld von Basaglia und der Arbeit der Künstler mit den Patienten in der Anstalt – nahm ich den Gedanken auf „Aus der Krankengeschichte heraustreten und die Lebensgeschichte zurückerobern“. Das ist bis heute wichtig für unsere Arbeit. Eine andere Verbindung besteht zu R. D. Laing, zu seiner hartnäckigen und gut begründeten Infragestellung der klaren Unterscheidbarkeit von Sinn und Wahn. In Laings Denken fasziniert mich bis heute diese genaue, mitfühlende Bezogenheit auf den „anderen“, die aufhorchende Frage: Was ist die Erfahrung des anderen? Und die Gewissheit: Ich erfahre niemals die Erfahrung des anderen.
Hartwig Hansen: Sagst du nicht immer, wir seien die erste trialogische Zeitschrift, bevor es den Namen überhaupt gab?
Fritz Bremer: Das stimmt. Der Brückenschlag ist auch ein Kind der Sozialpsychiatrie der letzten 25 Jahre. Er ist zum Bestandteil sozialpsychiatrischer Fachliteratur geworden und für viele Psychiatrieerfahrene ihre Fachliteratur.
Hartwig Hansen: Nach meinem Eindruck ist das Spektrum der Themen und der Beteiligten auch breiter und vielfältiger geworden. Die systemische Sicht auf die Dinge hat ja in der Sozialpsychiatrie immer mehr an Bedeutung gewonnen. Oder nehmen wir die Bewegung um die Soltauer Impulse. Das alles bildet sich auch in der Zeitschrift ab. Der Brückenschlag hat sich ja über die Jahre auch weiterentwickelt. Er scheint mir allgemein ein Beitrag zur Dialog-Kultur zu sein. Das war er von Anfang an und das ist er bis heute.
Wie viele Leute „machen“ den Brückenschlag? Wie ist die Verantwortung verteilt?
Jürgen Blume: Ein Nachzählen, wie viele, wäre sehr anstrengend. Wir drei gemeinsam sind die Redaktion oder sagen wir die Herausgeber. Dann die zahlreichen Beteiligten mit ihren Einsendungen. Und in der Herstellung die Setzerinnen, die Drucker, die Endverarbeitung. Mit ihnen 22 betreute Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in allen Bereichen des Beschäftigungsprojekts „Druck, Satz und Verlag“ der Brücke Neumünster.
Wurden Psychiatrie-Erfahrene von Anfang an mit einbezogen, in die Planung, Textbearbeitung, Herstellung … ?
Jürgen Blume: Von Anfang an. Die beiden Gründer waren Fritz Bremer und Henning Poersel, ein psychiatrieerfahrener Mediengestalter. Und so wie oben beschrieben ging und geht es weiter in der gesamten Produktion. Heute würde man wohl sagen ein echtes Inklusionsprojekt.
Der Brückenschlag mit seinen zahlreichen farbigen Bildern und Fotos ist angenehm anzufassen und anzuschauen. Die Aufmachung ist hochprofessionell.
Hartwig Hansen: Danke. Dass sich der „Brückenschlag“ wirklich sehen lassen kann, ist vor allem auch ein Verdienst von Henning Poersel, Katharina Rüsbüldt, Janett Dreyer und unser guten Druckerei.
Wie finanziert sich der Brückenschlag? Habt ihr Sponsoren?
Jürgen Blume: Vor allem finanziert sich der Brückenschlag ja über die treuen Abonnentinnen und Abonnenten. Zu unseren Förderern gehören unter anderem: Die Brücke Schleswig-Holstein, das Kieler Fenster, die Sparkassenstiftung, die DGSP Schleswig-Holstein, die Bundes-DGSP, früher – für einige Jahre – das Kultusministerium. Und dann viele Freundinnen, Kollegen ... Wir sind froh über jede Unterstützung!
Wie kann man Mitglied im Förderkreis werden? Wie kann man den Brückenschlag unterstützen?
Fritz Bremer: Zuallererst durch ein Abo zum vergünstigten Bezugspreis, und natürlich durch Spenden oder den Ankauf von Büchern. Es geht nicht um die Mitgliedschaft in einem Verein, wir verstehen das eher als Netzwerk von Förderern.
Ihr unterstützt mit dem Brückenschlag Psychiatrieerfahrene, die schreiben. Wie würdet Ihr Eure Kriterien für einen guten Text beschreiben? Gibt es viele Einsendungen, die abgewiesen werden müssen?
Hartwig Hansen: Spannende Frage. Es gibt sicher verschiedene Kriterien: Passt der Text zum ausgeschriebenen Thema? Ist er als Fachbeitrag oder Erfahrungsbericht exemplarisch, authentisch und interessant? Ist der Text literarisch originell, ungewöhnlich, überraschend? Oder einfach: Spricht er uns an, überzeugt er uns, dann kriegt er ein „Plus“. Am Ende haben wir immer mehr „Plus“-Texte, als wir im Brückenschlag unterbringen können. Und dann wird es regelmäßig eng ...
Haben die Einsendungen in den letzten Jahren zugenommen?
Jürgen Blume: Ja, erheblich, gerade die der Psychiatrie-Erfahrenen. Die Anregung zur Einsendung kommt bisweilen von der Betreuerin, vom Arzt, von der Einrichtung. Oder nach einer Lesung von uns im Psychose-Seminar schreibt jemand etwas auf. Obwohl wir viele ablehnen müssen, freuen wir uns über jede Einsendung und wir beantworten alle.
Außerdem seid Ihr eine wichtige Plattform für psychiatrieerfahrene Künstler. Ihr habt sozusagen einen „Trend“ vorweggenommen. Seht Ihr Euch auch als Wegbereiter für die Ausbreitung der Kunst in der Psychiatrieszene?
Jürgen Blume: Immer wieder gibt es Rückmeldungen von literarisch und künstlerisch Arbeitenden darüber, wie wichtig es für sie ist, bei uns zu veröffentlichen. Und manche, die zunächst bei uns veröffentlicht haben, machten später Ausstellungen oder brachten ihre Arbeiten in anderen Zeitungen und Verlagen unter. Da hat der „Brückenschlag“ sicher als Medium mitgeholfen.
Im Brückenschlag sind immer wieder auch Texte etablierter Schriftsteller und Autoren erschienen. Wie kam es zu diesen Kontakten?
Fritz Bremer: Nehmen wir mal die Beispiele Schnurre und Lansburgh. Wolfdietrich Schnurre lernte ich 1984 während einer Lesung kennen. Er war begeistert von der Brückenschlag-Idee. Er kannte Bücher von Leo Navratil und ermutigte mich, Navratil zu schreiben. Und er stellte mir für die folgenden Ausgaben Texte zur Verfügung. Aktuell ist im Paranus Verlag eine Sammlung ausgewählter Schnurre-Texte erschienen. Darauf sind wir auch stolz. Werner Lansburgh war bekannt geworden durch „Strandgut Europa“, er fühlte sich den Geschichten von Menschen in der Psychiatrie so verbunden, dass er mir sofort Texte für den Brückenschlag gab.
Hartwig Hansen: Neben den literarischen „Größen“ freuen wir uns auch über zunehmende Beteiligung von bekannten Fachautorinnen und -autoren, die offenbar keine Berührungsängste haben, neben Texten von Psychiatrieerfahrenen zu erscheinen, im Gegenteil, die Brückenschlag-Idee unterstützen.
Wie kommt Ihr auf das Thema der nächsten Ausgabe?
Jürgen Blume: Jedem von uns dreien gehen natürlich immer Themen durch den Kopf. Natürlich versuchen wir, herauszufinden, was in der Luft liegt und auf die Tagesordnung kommen müsste. Vor der Herstellung der aktuellen Ausgabe kommen die Ideen auf den Tisch. Wir haben immer einige in petto und irgendwann verständigen wir uns auf das Thema zur Ausschreibung. Das nächste heißt übrigens „Abschiede“ und bis Oktober 2009 sammeln wir wieder Beiträge. Den ausführlichen Schreibaufruf kann man auf unserer Verlagswebsite www.paranus.de nachlesen. Da finden sich auch alle bisher erschienenen Brückenschläge.
Wie stellt Ihr Euch die nächsten 25 Jahre vor?
Jürgen Blume: Bei der Frage wird uns klar, wie lange das ist. 25 Jahre eine so eigentümliche Literatur- und Fachzeitschrift zu machen, maßgeblich mit Beiträgen Psychiatrieerfahrener, das ist schon was ...
Fritz Bremer: Ich hätte damals nie daran gedacht, dass wir Euch heute so ein Interview geben würden.
Hartwig Hansen: Mir fällt etwas anderes ein. In 25 Jahren sind wir alle drei schon lange in Rente ... Bis dahin müssen wir uns also sicher Gedanken für eine Nachfolgeregelung machen ...