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20 Jahre Trialog (DVD)

Rezensionen

Ilse Eichenbrenner in Soziale Psychiatrie:
Wunderbare Scheibenware
Die DGSP wird in diesem Jahr endlich erwachsen, der Trialog feierte bereits 2009. In Hamburg hat alles begonnen: 1989 fand hier das erste Psychoseseminar statt, 1994 der unvergessliche Weltkongress. Und hier endet die Erfolgsgeschichte vorläufig mit den ersten Ex-In-Fortbildungen.
Der Film eröffnet mit einem Dialog zwischen Thomas Bock und Dorothea Buck, den beiden charismatischen „talking heads“ der Trialogbewegung. Mit einigen Dialogschlaufen klären die beiden schließlich und endlich, wie es zu den ersten Psychoseseminaren kam. Dann folgt die Kamera Thomas Bock bei der einführenden Moderation eines neuen Seminars. Er klärt die Regeln – nie die Pause vergessen! – und sammelt die Themen für die kommenden Seminare. Ab und zu schauen wir wieder hinein. Psychoseerfahrene berichten von dem Glück, aber auch der Verantwortung, die ihnen die Psychose beschert hat. So berichtet eine Teilnehmerin, dass sie für das Einsetzen der Dämmerung zuständig gewesen sei. Andere haben eher gelitten, stehen noch immer unter der Last, vor allem die Angehörigen.
Der Film lässt immer wieder einige Protagonisten des Trialogs zu Wort kommen. So entstehen allmählich Porträts von sehr beeindruckenden Menschen: zum Beispiel von Claudia Bloh, Krankenschwester und Angelika Heym, Musikerin, beide Expertinnen aus Psychose-Erfahrung und Absolventinnen der Ex(perienced) In(volvement)-Ausbildung. Eigentlich lebt der Film vor allem von diesen Statements, von diesen mutigen, sensiblen und beeindruckenden Frauen und Männern. Sie illustrieren das Konzept des Empowerment, das vor allem die Psychiaterin Michaela Amerung in den letzten Jahren im deutschsprachigen Raum propagiert hat. Auch sie kommt zur Wort; ungeheuer profitiert habe die Wiener Psychiatrie und auch sie ganz persönlich von den Anregungen aus Hamburg, vor allem von den Psychose-Seminaren.
1999 startete die Hamburger Antistigma-Kampagne von unten unter dem Namen „Irre menschlich“. Aufgeklärt wurden Journalisten, Betriebe, vor allem aber Lehrer und Schüler. Wir sehen Dorothea Buck in einer Oberstufe; die Schüler geben ihr feed-back, nachdem sie Frau Bucks Lebensgeschichte gehört haben. Der Film begleitet das trialogische Team bei Preisverleihungen, protokolliert Würdigungen und beobachtet entscheidende oder typische Stationen des Projekts.
Dies ist kein Film für Anfänger; wer sich allerdings bereits mit psychischen Störungen befasst hat, und nach Anregungen für die tralogische Arbeit in der Region sucht, der wird bestens bedient. Auszubildenden mit Grundkenntnissen wird eine neue Perspektive vermittelt. Das beigefügte kleine Booklet enthält hervorragende Erläuterungen. Wie jede Arbeit von Alexandra Pohlmeier beeindruckt auch diese durch Perfektion in allen Details: Rasche Szenenwechsel für die nachwachsenden Zuschauer, und geduldige Betrachtungen für die nicht mehr ganz so jungen DGSP-Mitglieder. Hagen Kuhr, ein Cellist mit Psychose-Erfahrung kommentiert auf seine Art mit Ausschnitten aus den Solo-Suiten von J.S. Bach.


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