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Brückenschlag Band 24, 2008

Leseprobe

Ihr glaubt zu wissen, wie ich fühle,
ihr glaubt zu wissen, was ich denke,
ihr sagt mir, wie ich zu leben habe
und tretet mich aus meiner Welt.
Ihr hasst mich, ich hasse mich,
gibt es jemanden, der mich mag?
Angstperlen auf meiner Stirn,
das Zittern meiner Hände,
ich laufe die Wände hoch
und lande nicht auf dem Boden.
Bodenloses Schwarz,
ich falle immer tiefer,
bodenlose Welt in mir,
kein Halt,
obwohl ich ihn mir so sehr wünsche.
Ich laufe fort,
komme nie mehr wieder,
mein Herz, es brennt
zwischen tausenden kleinen, kalten Adern.
Das Blut läuft,
obwohl die Wunden nicht mehr offen sind -
schwarzes Blut,
schwarze Tränen in mir,
schwarze Welt,
Angst vor morgen.
Ich lebe im Gestern, ich bin verzweifelt,
ich weiß einfach nicht mehr weiter.
Glaubt doch, was ihr glauben wollt,
ihr wisst es doch eh viel besser.
Sagt nicht, dass ihr mich versteht,
denn das tut ihr nicht.
Ihr seht nicht mal,
dass meine Welt in tausend Teile bricht.

Nadine, 20 Jahre


Eine Generation – unterschiedliche Interessen

Anneke Ehmsen

Wir gelten als faul, respektlos, inaktiv, ohne jegliche Ziele und Wertevorstellungen.
Wir sind die Jugend von heute. Wir werden stark verallgemeinert.

Unser Ruf ist nicht besonders gut. Wir sind die Spaßgesellschaft, die zu viel trinkt, zu viel raucht, die sich keine Gedanken um später macht, die im Hier und Jetzt lebt. Wir gehen auf Flatratepartys, betrinken und verprügeln uns, rauben unseren Eltern den letzten Nerv, hören zu laute Musik, haben die falschen Freunde, die falschen Klamotten, sitzen ständig vorm Computer, haben keine Lust auf Schule, was sich natürlich in unseren Noten widerspiegelt – und sowieso haben wir keine Ahnung, was wir später wollen in unserem Leben.

Genau das glauben leider viele Leute über uns. Sie hören im Radio, dass Jugendliche sich ins Koma trinken, sie sehen im Fernsehen, dass rechtsradikale Jugendliche Ausländer verfolgen, sie sehen uns auf der Straße, wie wir in der Stadt abhängen, rauchen und nichts zu tun haben. Dieses Bild festigt sich. Unsere Großeltern verstehen uns nicht, vergleichen uns mit ihrer Generation und deren Jugend. Unsere Eltern fragen sich, was sie falsch gemacht haben. Wahrscheinlich geht es jeder Elterngeneration so.
Doch trifft dies alles auf uns zu?
Meiner Meinung nach hat sich unsere Generation in unterschiedliche Gruppen gespalten. Um dies zu beobachten, reicht es schon, über den Schulhof zu gehen. Hier trifft man auf alternativ oder schwarz gekleidete Schüler, auf die sogenannten „Chicas“, auf Machos, auf Außenseiter, Streber, Sportler, Freaks ... Gruppierungen gibt es wahrscheinlich schon jahrzehntelang, nur sind sie bei uns stärker ausgebildet. Es gibt verschiedene Musikrichtungen, die wiederum Gruppen ausmachen: Techno, Hip Hop, Rock, Indie, Metal, um ein paar Beispiele zu nennen.
Früher gab es dies noch nicht in dieser vielfältigen Form und unterschiedlicher geht es eigentlich kaum. Deswegen ist es schwer, uns Jugendliche zusammenzufassen. Es gibt für uns nicht ein gemeinsames Ziel, eine gemeinsame Bewegung, die uns stark macht und die wir nur gemeinsam erreichen können. Wir müssen auch nicht mehr gegen unsere Eltern rebellieren. Wir sind nicht so streng erzogen, wie es früher üblich war. Es ist für andere schwer, zu beurteilen, was uns Jugendliche wirklich beschäftigt. Ich denke jedoch, dass man uns nicht so negativ sehen kann, wie es der Großteil der Bevölkerung tut. Denn dieses negative Bild kann nicht auf uns alle bezogen werden.
Vielleicht sollte man auch beachten, dass es Jugendliche gibt, die sich interessieren, die sich für viele Dinge einsetzen, die sich mit der Welt und ihren Problemen auseinandersetzen, sich organisieren und zusammen versuchen, neue Ideen zu entwickeln, die sich positiv auf die Gesellschaft auswirken. So machen wir uns zum Beispiel große Sorgen über die Globalisierung, weil wir genau wissen, dass wir die Generation sind, die die Folgen tragen muss.
Viele von uns versuchen, etwas zu verändern und sich einzusetzen, nur entsteht bei uns das Gefühl, dass dies untergeht, nicht wahrgenommen wird und das macht es uns natürlich nicht leichter. Diese Unterschiedlichkeit der Jugendlichen wahrzunehmen und zu erkennen, um sich dann ein Urteil von uns und über uns zu machen, wäre vielleicht in vielen Zusammenhängen eher sinnvoll.
Denn viele von uns haben ihre eigenen Träume und Vorstellungen vom Leben, die ein positives Miteinander der Generationen und der Umwelt ermöglichen können.


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