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Ermutigungen

Leseprobe

Schizophrene Erfahrungen
Nach meiner eigenen Erfahrung und meinen Gesprächen mit anderen Betroffenen fühlt man sich während des Schubes nicht gespalten, sondern ergriffen von Eingebungen und Visionen, von sonst nicht gespürten Sinnzusammenhängen, von einem aufgebrochenen Instinkt. Solange man selbst nicht weiß, dass in der Schizophrenie Inhalte des eigenen Unbewussten in das Bewusstsein einbrechen, glaubt man sie als von außen eingegeben, fühlt sich beeinflusst. Das Wort Eingebung zeigt, dass auch der Normale sie nicht aus sich selbst kommend erlebt. (...)
Von da an, mit dem Makel der Geisteskrankheit gezeichnet, wird das Unmögliche vom Schizophrenen verlangt: seine für ihn wichtigen Psychoseerfahrungen, seine eigene Geschichte als nur krank und sinnlos von sich selbst abzuspalten. Sein Erleben wird oft nur und auch unter Zwang medikamentös verdrängt. Neue Schübe als Ausgleich seiner inneren Isolierung als geistes- oder heute psychisch krank werden notwendig. Denn wer kann seine eigene Seele, das, was er als Mensch ist, als krank entwerten? Tut er’s, spaltet er als wertlos oder nur als unverständlich von sich selber ab, – was, in seinem Sinn verstanden, die Entwicklung fördern kann –, wird er zutiefst verunsichert bleiben und chronisch krank werden können. Darum scheint mir wichtig:
– zu verstehen, dass unsere Psychoseerfahrungen aus derselben Quelle der Nachtträume, aus unserem eigenen Unbewussten aufbrechen, um sie nicht als von außen eingegeben und sich beeinflusst zu glauben,
– und sich ihren Sinn wie beim Traum zu bewahren (nur manches Unsinnige nicht).
Diese Hilfe eines gemeinsam erarbeiteten Schizophrenie- und Selbstverständnisses müsste in Kliniken und Anstalten gegeben werden. Das sollten auch die Angehörigen verlangen. Ebenso wie der körperlich Kranke hat auch der seelisch Betroffene ein Recht auf Heilung, die nicht durch eine nur medikamentöse Symptomverdrängung erreicht werden kann, weil man verstehen muss, was man erlebt.


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