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"Jetzt endlich lebe ist richtig"

Leseprobe

Theater

Ich bin in diesem Theaterstück. Unfreiwillig. Niemand hat mich je gefragt. Wurde einfach eines Tages auf die Bühne geschubst und sollte mitspielen. Ein völlig blödsinniges Stück. Wollte nie Schauspielerin werden. Noch nicht einmal das Skript habe ich je gesehen. Sind die anderen vielleicht richtige Schauspieler? Auch den Regisseur habe ich noch keinmal zu Gesicht bekommen. Immer nur diese unsinnigen Regieanweisungen über Lautsprecher.
Ich weiß nicht einmal, was das für ein Stück ist. Komödie? Tragödie? Problemstück? Unterhaltungsstück? Uraufführung oder Wiederholung? Vielleicht bloß eine Probe? Gibt es überhaupt ein Publikum? Ständig wurde ich gedrängt mitzuspielen. Sollte ein Kostüm anziehen. Eine Maske tragen. Eines Tages sollte ich eine Verrückte spielen. Hab ich gestreikt. Bin durch die Kulissen geschlüpft und habe nach dem Ausgang gesucht. Vergeblich.
Plötzlich stand ich wieder auf der Bühne. Noch immer dasselbe Stück.
Ich hasse absurdes Theater. Jedenfalls, dann wurde es brutal. Regieanweisung. Ich sollte mich an den Rand der Bühne setzen, dort sei das Ende der Welt. In einer Art Fischerhütte sollte ich frustriert und wütend vor mich hin starren, bis das Stück zu Ende sei. Die Verbitterung verkörpern.
Das war mir dann doch zu doof. Seitdem spiele ich mit. Das Stück ist dadurch nicht besser geworden. Die Rollen, die man mir aufdrängt, auch nicht. Clownin. Schlampige Alte. Königin. Säuerliche Moralpredigerin. Karriereweib. Kranke und Hilflose soll ich mimen. Ein liebes kleines Mädchen, gehorsame Schülerin soll ich darstellen. Weise Frau. Verschmachtende Verliebte. Dame von Welt. Mauerblümchen. Verrückte – doch, auch. Prinzessin auf der Erbse. Dann wieder Amazone, Abenteurerin...
Das Skript habe ich noch immer nicht gesehen. Vielleicht gibt es keins. Ich improvisiere frisch drauflos. Die anderen sind wohl doch keine echten Schauspieler. Höchstens Halbprofis. Vertun sich im Text, fallen aus der Rolle. Immer noch diese seltsamen Regieanweisungen über Lautsprecher. Dieses Stück wird wohl nie im Fernsehen gezeigt werden. Dazu ist es viel zu konfus und unglaubwürdig. Taugt nicht mal als Seifenoper. Mal ist es sterbenslangweilig. Dann wieder todtraurig. Plötzlich urkomisch. Irgendwann wird es ja zu Ende sein, der Vorhang fallen. Im Theater fällt immer irgendwann der Vorhang. Keine Ahnung, was bis dahin noch alles geschieht.
Hoffentlich gibt es wenigstens ein Happy-End. Jedenfalls spiele ich jetzt nach Kräften mit, so gut ich kann. Wenn das Stück schon absurd ist, soll es wenigstens anständig gespielt werden. Macht sogar Spaß.


Hoffentlich gibt es wenigstens ein Happy-End. Jedenfalls spiele ich jetzt nach Kräften mit, so gut ich kann. Wenn das Stück schon absurd ist, soll es wenigstens anständig gespielt werden. Macht sogar Spaß.


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